Erneut haben uns einige Leserbriefe und Rückmeldungen erreicht, von denen wir hier eine Auswahl veröffentlichen.
Warum sich durch die Corona-Krise nichts ändern wird
Natürlich darf man annehmen, dass durch ein Geschehen wie die Corona-Krise bei manchen Menschen vielleicht eine gewisse Erschütterung ausgelöst wird und sie ins Nachdenken kommen. Allerdings sollte man von diesem Nachdenken einiger keine großen Ergebnisse erwarten.
Ich will einmal ein Beispiel nennen. Während des zweiten Weltkriegs hat Dietrich Bonhoeffer im Blick auf die kommende Katastrophe des Untergangs im Blick auf die kirchliche Lage einmal gesagt, dass sich nach dem Krieg aus den Trümmern geistlich etwas völlig Neues erheben müsse oder werde. Er hat es ja nicht mehr erlebt. Was dann aber kam, war nichts Neues, was sich da erhob, sondern das alte gewohnte Kirchen(un)wesen hat sich aufgerappelt und weitergemacht wie vorher. Gegen eine solche Einwirkung von außen wie der Krieg ist unsere „Corona-Krise“ ja nur ein eingebildetes Problem, aber wenn das damals schon nichts geändert hat, warum sollte sich jetzt etwas tun?
Vor ein paar Jahren hat Lothar Gassmann in seinem Heft einmal im Blick auf kommende Verfolgung die Einrichtung von Hausgemeinden empfohlen. Das war dann nur eine theoretische kommende Einwirkung, die etwas hätte ändern sollen, aber er selbst hat sich dann durch die Gründung einer neuen „normalen“ freikirchlichen Gemeinde selbst widersprochen. Und ich frage, warum mich eigentlich eine Einwirkung von außen dazu bringen sollte, geistlich in irgend etwas umzudenken und etwas zu ändern, wenn das Wort Gottes an sich es nicht tut.
Du studierst die Bibel, verstehst, was Gott will, und tust es nicht. Warum sollte dich, wenn dein innerer Entschluss fehlt, etwas von außen dann doch dazu bringen?
Diese Problematik hat Jesus selbst schon dargestellt, und zwar in dem Beispiel mit dem armen Lazaros und dem reichen Mann. Als der Reiche in der Totenwelt gepeinigt wurde und erfuhr, dass es für ihn selbst keine Hilfe mehr gab, bat er Abraham: ‚Dann bitte ich dich, Vater, dass du ihn (Lazaros) in mein Vaterhaus schickst – ich habe doch fünf Geschwister – damit er sie beschwört, dass sie nicht auch an diesen Ort der Qual kommen!‘ Abraham sagte aber: ‚Sie haben Mose und die Propheten, auf die sollen sie hören!‘ Und er sagte: ‚Nein, Vater Abraham, aber wenn einer von den Toten zu ihnen käme, dann würden sie sich ändern!‘ (Abraham) sagte ihm: ‚Wenn sie auf Mose und die Propheten nicht hören, würden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn einer von den Toten aufstünde.’“
Also, wenn sie von sich aus das Wort Gottes nicht hören (und tun!), warum sollten sie wegen einer Corona-„Krise“ plötzlich damit anfangen?
Ulrich Wößner
Die Besuchsverbote finde ich noch skandalöser als die Gottesdienst-Verbote
Dass Christen, Gemeinden, Kirchen die Besuchsverbote hingenommen haben, offenbart ein erschreckendes Denken.
Bei der großen Scheidung wird der König sagen: Ich war im Krankenhaus, ich war in einem Heim gefangen, und ihr habt mich nicht besucht. Ich wollte Euer Gast sein, aber Ihr habt mir die Gastfreundschaft verweigert. Dann werden die Menschen sagen: Wann … außerdem war es doch verboten. Und die Kirchen hielten das Verbot auch für richtig. Hat unser ordinierter Pastor Dich nicht mit einer Ausnahmegenehmigung besucht, zumindest im Heim? Die Hildesheimer Zeitung berichtete, dass die Klinik dort den Angehörigen den Abschiedsbesuch erst erlaubt, nachdem der Patient gestorben ist. (Hildesheim ist eine katholische Hochburg. Aber selbstverständlich gibt es dort auch evangelische Kirchen.)
Es ist grotesk: Alle Restriktionen sollen dazu dienen, „dass es uns gut geht und wir lange leben auf Erden.“ Eine einzige Garantie dafür gibt es, die im Neuen Testament bekräftigt wird, nämlich dass wir unsere Eltern ehren. Und wir lassen uns ehrfürchtig Besuche verbieten, damit es uns gut geht und wir lange leben auf Erden? Nach allem, was wir gehört und gelesen haben, werden Patienten und Betreute oft durch mangelhafte Hygiene in Kliniken und Heimen infiziert. Selbstverständlich müssen Besucher Hygiene-Standards einhalten (nicht nur in Corona-Zeiten). Ganz davon abgesehen, dass inzwischen auch wissenschaftlich belegt ist: Einsamkeit ist hochgradig gesundheitsschädlich. Und davon abgesehen, dass die (nicht zuletzt psychosomatische) Stärkung des Immunsystems die wichtigste Prävention ist.
Wenn wir es bisher vernachlässigt haben sollten, dürfte es an der Zeit sein, aus der Mode gekommene Hausandachten, Hausgottesdienste, Hausgemeinschaften, Gastfreundschaft, Freundschaft (philadelphia) und Nächstenliebe zu fördern. Die Glaubwürdigkeit der Christen wird sich nach dem Neuen Liebesgebot Jesu ohnehin daran entscheiden, wie wir erkennbar im Alltag miteinander umgehen. Wenn wir unseren Ehepartner, unsere Eltern, unsere Kinder, unsere Freunde nicht besuchen, wenn sie krank und einsam sind, werden sicher nicht „alle erkennen“, dass wir Jesu Schüler sind. Francis Schaeffer hat „Das Kennzeichen des Christen“ nicht umsonst in sein Vermächtnis aufgenommen.
„Meine Familie hat ihren Preis für die Einhaltung der Corona-Regeln bezahlt … Ich weiß im Gegensatz zu manchen, die auf der Kanzel stehen und über den Wert des Lebens predigen, was es heißt, wenn der Schutz desselben absolut gesetzt wird.“ Das schrieb der Journalist und Kolumnist Jan Fleischhauer auf focus.de. Sein Vater starb am 8. April in einem Altenheim. Fleischhauer durfte sich nicht von ihm verabschieden.
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Johannes Strehle
Eine mir gut bekannte Person äußerte sich über die Kirchenschließungen enttäuscht. Sie meinte sinngemäß, dass doch Christus zum Heil der Menschen sei und die Kirchen Stätten des Heils.
Was soll man darauf antworten? – Grundsätzlich ist das richtig. Aber sind denn die Kirchen heute noch Heilsspender? Sind die Menschen, die in ihnen diesen und die Besucher der Gottesdienste wirklich so gläubig, dass ihnen ein Virus nichts anhaben kann, so wie einem Paulus der Biss einer tödlichen Schlange? – Selbst solche Christen, die Wert darauf legen, dass Gott der Heiler auch von Krankheiten ist (Charismatiker) wurden vom Virus nicht verschont.
Wenn die Corona-Krise für uns Christen wirklich etwas Gutes bewirken soll, dann nur, wenn ein neues Fragen, ein neues Denken, ein vertieftes Glauben eintritt.
Seit langem ist alles nur viel zu oberflächlich, viel Gewohnheitschristentum. Wir brauchen eine Erneuerung und Erweckung, aber nicht im Sinne, dass das Alte nur wieder hergestellt wird und sich die Menschen zum Althergebrachten bekehren. Christus sagte: „Wer zurückschaut ist nicht geschickt zum Reich Gottes“. Christen blicken nach vorn, auf das, was sie jetzt noch nicht kennen. Wie Abraham, der in unbekanntes Land ging.
Manfred Reichelt
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ist Sozialarbeiter und Theologe. Seit diesem Jahr arbeitet er als Entwicklungshelfer im Nahen Osten. Von dort behält er die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen in Europa wachsam im Auge. Daneben ist er passionierter Radfahrer und schreibt darüber auf seinem eigenen Blog.
Benjamin ist Teil des Teams von Kirche & Corona.