Es gab und gibt in Kirchen und Gemeinden viele Kritiker der Veranstaltungsevangelisation. „Das bringt doch nichts.“ – „Alles nur Aktionismus und Strohfeuer.“ – „Nicht auf missionarische Aktionen, sondern auf missionales Leben der Gemeinden kommt es an.“ Bravo, diese Kritiker haben einen Etappensieg errungen. Evangelisationswochen wurden serienweise abgesagt. Bis jetzt ist die erste Jahreshälfte 2020 abgeräumt. Die Termine wurden zuversichtlich auf 2021 verschoben. Jetzt kommen die nächsten Anrufe wegen der Termine, die noch im Herbst und Winter 2020 im Kalender stehen.
Nach menschlichem Ermessen werden größere Veranstaltungen – mit mehr als 100 Teilnehmern – mindestens in den nächsten 12 Monaten nicht stattfinden. Vermutlich länger. Machen wir uns nichts vor! Wer wird in Säle mit gesperrten Sitzplätzen einladen, in denen man mit Bankräubermasken auf Abstand sitzt? Ich beobachte: Christen haben mehr Angst als Missionsliebe. Verzeihung, ich kann nicht Angst unterstellen, wo möglicherweise pure Nächstenliebe herrscht. Distanz ist ja die neue Form der Nächstenliebe, verkündigen Bischöfe. Ja, und welche Gäste würden sich wohl in solche Verhältnisse einladen lassen? Also, die Veranstaltungsevangelisation ist auf längere Zeit abgesagt – wenn Gott nicht ein sensationelles, übernatürliches Wunder tut. Oder wenn nicht die Recht haben, die Corona für Fake-News halten. Ich gehöre trotz meiner Kritik an übertriebenen kirchlichen Shutdown-Maßnahmen nicht zu deren Anhängern.
„Aber Gottes Wort ist nicht gebunden.“ (2.Timotheus 2,9) Das gilt. In TV und Internet geht das Evangelium viral. Aber der Leib Christi ist nicht virtuell, sondern leibhaftig. Wir wissen schon länger, dass Leute vor dem Fernseher ernsthafte Entscheidungen für Jesus treffen, aber sich nur sehr schwer von der Couch in reale Gemeinden locken lassen. Diese Aufgabe haben bisher nur die von uns gekannt, die über TV evangelisiert haben. Jetzt werden alle diese schwierige Aufgabe anpacken müssen, die Evangelisation nicht grundsätzlich aufgeben.
Und wer die persönliche Evangelisation wertgeschätzt und praktiziert hat, der wird daran ja durch 1,5 Meter Abstand nicht gehindert. Wer bisher genuschelt hat, wird durch Mund-Nasen-Schutz total unverständlich. „Mach’s Maul auf!“ So heißt die rhetorische Anweisung für persönliche Gespräche. Und auch für die persönliche Evangelisation wird es nötig sein, dass Christen sich weniger vor aerosolen Transportmöglichkeiten fürchten, als der Übersetzungsfähigkeit des Heiligen Geistes vertrauen.
Wer uns jetzt allerdings weismachen will, dass das Evangelium auch ohne Worte verkündigt werden könnte, der liegt in Corona-Zeiten so falsch, wie er schon vorher falsch lag.
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ist seit vielen Jahren leidenschaftlicher Evangelist. Er war als CVJM-Generalsekretär und für ProChrist tätig. Aktuell ist er Vorsitzender des Netzwerks Bibel und Bekenntnis.
Ulrich Parzany schreibt hier als Gastautor.