Antwort von Prof. Dr. Sven Grosse

„Und die Christen?“

Benjamin Splitt fragt, wie die Christen zu dem Corona-Maßnahmen stehen sollen und ob sie zu „unmittelbarem politischen Handeln“ sich erheben sollten.

Wir sind jetzt bereits in einer Phase der Lockerung der Corona-Maßnahmen und das Ende der meisten einschneidenden und offenkundigen Maßnahmen in den nächsten Wochen ist in Sicht. Was aber nun geboten ist – für Christen und für jeden Menschen – das ist: darauf achten:

A: welche Maßnahmen bleiben – auch wenn sie nicht so offenkundig sind? Welche Maßnahmen können wiederkommen oder ganz neu kommen – unter Berufung darauf, eine (angebliche) Pandemie zu unterbinden?

B: Darüber hinaus muß aber Manöver-Kritik erfolgen: was ist da eigentlich in den letzten Monaten passiert? Und welche tiefer liegenden Neigungen in unseren Gesellschaften und in den Kirchen, sich so und so zu verhalten, sind hier zutage getreten?

Zu A: Wenn noch länger Gottesdienste Einschränkungen unterworfen sind, dann müssen Christen darauf bestehen, daß Gottesdienste stattfinden, und das heißt, so weit wie möglich: leibliche Gottesdienste. Christen müssen sich das Recht nehmen, leiblich zusammenzukommen, um mit ihrer Stimme laut vernehmlich den Glauben zu bekennen, zu beten, zu singen: Mt 18,20: Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen … , Röm 10,10: Wenn man mit dem Munde bekennt …, die Feier des Heiligen Abendmahls in der leiblichen Gemeinschaft von Christen. Wesentlich ist hier unser Leib: er ist ein Tempel des Heiligen Geistes, preist Gott mit eurem Leibe! (1. Kor 6,19f). Ich verweise dazu auch auf ein Essay von Daniel von Wachter.1

Es gilt in dieser Sache auch für evangelische Christen der erste Artikel der Benediktsregel:
Dem Gottesdienst ist nichts vorzuziehen.

Hier ist nun gefragt, soviel wie möglich innerhalb der bestehenden Auflagen herauszuholen: Basler Katholiken haben beispielsweise jeden Tag ihre Messe gefeiert – nicht der Priester allein, sondern mit Teilnehmern (ungefähr) innerhalb der vorgeschriebenen Höchstzahl (man mußte sich dafür anmelden, so daß immer wieder neue Gläubigen kommen konnten), es gab und gibt täglich zusätzlich Kommunionfeiern mit einer noch höheren, unbegrenzten Zahl von Empfängern – wenn sie hintereinander kamen.

In einem evangelischen Pfarrhaus im südlichen Baden wurde Gründonnerstag, Karfreitag, Ostern und ab da jeden Sonntag in einer kleinen Zahl (ungefähr) den Vorschriften entsprechend Gottesdienst mit Abendmahl gefeiert. Das waren in Blick auf die staatlichen Vorschriften private Zusammenkünfte, aber doch, weil auch eine Kollekte eingesammelt wurde, Gottesdienste der Gemeinde. Solche und ähnliche Formen von Gottesdienst müßten stattfinden parallel zu den Online-Gottesdiensten, in denen man natürlich die Gemeinde in einem größeren Umfang sammeln kann. Und wenn die Regeln noch enger werden oder noch länger gelten, die Staat und Kirche auferlegen, muß man sich auch über sie hinwegsetzen.

Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit von Petitionen, Kontaktieren von Politikern, Kirchenoberen und Medienleuten, vor allem aber das, was Benjamin Splitt einen „neuen Marsch für Grundrechte“ genannt hat. Und das betrifft auch den Fragenkomplex B.

Zu B: Bürger, und unter ihnen auf jeden Fall die Christen als Salz der Erde müssen jetzt hier aktiv werden.
Kardinäle und Bischöfe der römisch-katholischen Kirche sind hier mutig vorangegangen mit einem klaren Aufruf,2 und evangelische Christen und Kirchenführer sollten nicht dahinter zurückstehen.

Es muß geklärt werden, was Impfungen bedeuten würden und ab welcher Grenze man sich einem Impfzwang verweigert. Vor allem muß man sich entschieden gegen Tracing wenden, d.h. die Überwachung von Menschen durch einen App oder gar durch einen Chip im Körper. Ich will hier offen lassen, ob damit das „Zeichen“ von Offb 13,16f erreicht ist; es ist schlimm genug.

Es müssen neue Faktoren in der Medienlandschaft geschaffen werden, denn die meisten Medien haben in der Krise versagt. Wenn youtube beispielsweise sich bedingungslos den „Empfehlungen“ der WHO unterwirft3 und Zensur ausübt, dann müssen andere Kanäle als Alternative zu youtube geschaffen werden.

Die Entscheidungen, die zu den Einschränkungen unter Berufung auf den Corona-Virus geführt haben, müssen rückhaltlos diskutiert werden, die Verantwortlichen in der Politik und den Gesundheitsämtern und anderen Institutionen, die für unberechtigte Einschränkungen verantwortlich waren, müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Es muß eine Bereinigung der Politik stattfinden, so wie sich das in einer Demokratie gehört.

Man muß aber noch tiefer schauen, und das ist die besondere Aufgabe der Christen: Wie hat es überhaupt soweit kommen können?

1. Welchem Gott wird gedient?

In einer über weite Bereiche der Welt säkularisierten Gesellschaft gibt es nur noch einen Gott, auf den sich die Menschen verständigen können: die Gesundheit. „Denn woran du dein Herz hängst und worauf du vertraust, das ist dein Gott.“ (Luther, Großer Katechismus). Wo einem die Geborgenheit verloren gegangen ist, die allein von dem wahren Gott kommt, da ist ein hochempfindliches Bedürfnis nach Sicherheit da. Es ist Ängstlichkeit da, weil man weiß, daß man diese Sicherheit nicht erreichen kann, und es ist ein dumpfes Bewußtsein da, daß man ein Gericht verdient hat, das mit einer Katastrophe kommt, einer „Apokalypse“. All das, Sicherheitsbedürfnis, Ängstlichkeit, Erwarten eines Gerichts, zeigt sich nun.

Demgegenüber gilt: „Ich bin der Herr, dein Gott … Du sollst keine anderen Götter haben neben mir!“ (2. Mose 20,2f)

2. Freiheit

Die Menschen haben gerade in demokratischen, wohlhabenden Gesellschaften, in denen man schon lange Zeit nicht mehr mit autoritären Herausforderungen zu tun hatte, es verlernt, Widerstand zu üben. Stattdessen haben sie (besonders in Deutschland) eine starke Neigung, sich selbst zu uniformieren – wahrscheinlich, um sich Sicherheit zu verschaffen. Man ordnet sich gerne einer Autorität unter. Die Menschen sind sehr oft Sklaven ihrer Freundlichkeit und Nettigkeit geworden. Es gibt Situationen, in denen es nicht mehr genügt, freundlich und nett zu sein.

Demgegenüber gilt: „Zur Freiheit hat uns Christus befreit! So steht nun fest und laßt euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen!“ (Gal 5,1)

3. Wahrheit

Was die Wahrheit ist, das ist oft untergegangen in der Berichterstattung von Mainstream-Medien und in einer großen Unübersichtlichkeit: was ist eigentlich passiert, wer steckt hinter welcher Entscheidung usw.? Wir brauchen hier einen kritischen, genau recherchierenden und dokumentierenden Journalismus, dessen Ergebnis jedem frei zugänglich sind. Wir brauchen dazu auch das Verlangen nach Wahrheit.

Hier gilt: „Wenn ihr bleiben werdet an meinem Wort … so wird euch die Wahrheit frei machen!“ (Joh 8,32)

Es ist ja nun üblich geworden, sich zu wünschen: „Bleiben Sie gesund!“ Wir tun noch besser daran, uns zu wünschen: „Bleibt wacker und wachsam!


Zu einer grundsätzlichen Prüfung der Berechtigung der Corona-Maßnahmen siehe die Artikel Daniel von Wachter: „In vier Schritten zur Wahrheit über das Neue Coronavirus“, ausführlicher: „Eine philosophische Untersuchung des Neuen Coronavirus“, und eine Sammlung der wichtigsten kritischen Stimmen.

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Fußnoten

  1. http://von-wachter.de/cov/epheser6.html
  2. http://veritasliberabitvos.info/appeal/
  3. https://edition.cnn.com/videos/business/2020/04/19/inside-youtubes-numerous-policy-changes-during-the-pandemic.cnn/video/playlists/business-reliable-sources/